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Influencer-Gesetz

Neues Influencer-Gesetz – Was gilt es zu beachten?

Was vor wenigen Jahren noch als ineffektiv und unvorstellbar galt, ist heute als Marketing-Instrument für Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Influencer-Marketing trifft den Nerv der Zeit.

Mangelnde Medienkompetenz von Jugendlichen?

So authentisch wie möglich versuchen Influencer:innen, ihren Followern und der breiten Masse verschiedene Dienstleistungen und Produkte zur Schau zu stellen.

Mithilfe von Verlinkungen sogenannter Tap-Tags müssen Internetnutzer nur wenige Mausklicks vornehmen, um auf die Homepages der jeweiligen Unternehmen, Hersteller oder Produkte zu gelangen.

Mithilfe dieser Strategie beeinflussen die Influencer:innen das Kaufverhalten ihrer Follower und Betrachter. Diesen Effekt möchten Unternehmen natürlich auch erzielen. Doch die Strategie erweist sich vor allem im Umgang mit Minderjährigen als problematisch. Schließlich fällt es Jugendlichen oftmals schwer, zwischen echten Produktempfehlungen oder Darstellungen von Postings bezahlter Werbepartnerschaften zu differenzieren.

Die gesetzliche Perspektive

Aus gesetzlicher Perspektive ist § 8 Abs. 3 S. 1 MStV – dem Medienstaatsvertrag – interessant. Dieser Paragraph über Kennzeichnungspflichten sowie Werbegrundsätze regelt, dass Werbung für Außenstehende auch als solche erkennbar sein muss. Gilt ein Eintrag als Werbung, müssen die Inhalte dementsprechend gekennzeichnet werden.

Gemäß § 5a Abs.6 UWG nehmen die Personen und Unternehmen eine unlautere Handlung vor, die kommerzielle Zwecke ihrer geschäftlichen Aktivitäten unkenntlich machen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn sich der kommerzielle Nutzen direkt aus den Umständen ergibt. Zudem ist ein Nichtkenntlichmachen kommerzieller Zwecke dann erlaubt, wenn potentielle Käufer möglicherweise zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die sie in einer anderen Situation möglicherweise nicht getroffen hätten.

Schwierigkeiten bei der Bewertung von Instagram-Posts

Allerdings ist es schwierig zu differenzieren, wann ein Instagram-Beitrag als kennzeichnungspflichtige Werbung und wann als reine Meinungsäußerung gilt. Auf dieses Thema gehen mehrere aktuelle Gerichtsurteile ein.

Schwierigkeiten bei der Bewertung von Instagram Posts
Allerdings ist es schwierig zu differenzieren, wann ein Instagram-Beitrag als kennzeichnungspflichtige Werbung und wann als reine Meinungsäußerung gilt – Bild: © Kaspars Grinvalds #412563157 – stock.adobe.com

Rechtsprechung des BGH

Erste BGH-Entscheidungen ergingen 2021 unter den Aktenzeichen I ZR 90/20, I ZR 125/20 und I ZR 126/20. In diesen Fällen reichte der Verband Sozialer Wettbewerb gegenüber Influencer:innen wie Cathy Hummels Klage ein.

Gemäß BGH müssen all die Beiträge mit selbst gekauften Artikeln und Verlinkungen nicht als Werbung dargestellt werden, aus denen der kommerzielle Zweck unmissverständlich sichtbar ist.

Dieser Umstand ist nach Aussagen des BGH insbesondere bei followerstarken und namhaften Influencer:innen gegeben. Werden Influencer:innen für die Beiträge bezahlt, bedürfen die Werbe-Postings auch einer entsprechenden Kennzeichnung.

Urteile des BGH

Im Januar 2022 fällt der BGH zwei weitere relevante Urteile mit den Aktenzeichen I ZR 9/21 sowie I ZR 35/21. Diese Urteile widmeten sich der Frage, inwiefern Influencer:innen kostenlos erhaltene Produkte sowie diese Artikel betreffende Beiträge als Werbung deklarieren müssen.

Nach Aussagen des BGH sind Influencer:innen verpflichtet, alle diesbezüglichen Beiträge als Werbung zu kennzeichnen. Laut BGH ist von einem Entgelt oder vergleichbaren Gegenleistung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV die Rede, wenn Influencer:innen neben Geld- oder Sachleistungen ebenfalls sogenannte geldwerte Gegenleistungen erhalten haben.

Aktueller Rechtsstreit

Eine weitere allgemeingültige Entscheidung fällt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Mai 2022 unter dem Aktenzeichen 6 U 56/21. Nach dem Standpunkt des Gerichts sollten Verlinkungen zu Unternehmen dann als Tap-Tags bzw. Werbung gekennzeichnet werden, falls die Influencer:innen die Produkte unentgeltlich anpreisen.

Bei dieser Entscheidung orientiert sich das Oberlandesgericht an den Richtlinien des BGH.

In dem vorliegenden Fall erhob eine Verlegerin von Print- und Onlinezeitschriften gegenüber einer Influencerin mit mehr als 500.000 Followern eine Klage. Die Influencerin publizierte auf ihrem Instagram-Profil Beiträge, die sie zu einem kostenfrei von Drittanbietern erhaltenes Paket mit mehreren E-Books verlinkte. In den Augen des Senats des OLG hat die Influencerin damit gegen § 5a O 271/20 verstoßen.

Im Urteil mit dem Aktenzeichen 2-6 O 271/20 stellten die Richter:innen fest, dass die Veröffentlichungen sowohl die Anbieter der E-Books als auch das Unternehmen der Influencerin fördern.

Unlauterer Wettbewerb?

Die Influencerin könne sich zwar selbst mit den in den E-Books dargestellten Inhalten identifizieren. Dennoch erfolge keine Einordnung, Bewertung oder inhaltliche Auseinandersetzung mit den angepriesenen Erzeugnissen. Stattdessen verwies die Angeklagte nur auf den hohen Rabatt, den Käufer für die E-Books erhalten würden.
Die beworbenen E-Books hatte das Unternehmen der Influencerin kostenfrei zur Verfügung gestellt. Demzufolge sei es unlauterer Wettbewerb, die Beiträge als Werbung nicht kenntlich zu machen. Somit hob die Influencerin durch die Werbung nicht nur ihr Unternehmen als ernährungsbewusst hervor. Zugleich profitierte der Herausgeber der E-Books von den Beiträgen. Für Verbraucher war hingegen nur offensichtlich, dass das Unternehmen der Influencerin durch ihr Verhalten profitiert.

Individuelle Entscheidung von Fall zu Fall

Die vorliegenden Urteile geben gegenüber der einst kontroversen Rechtsprechung rund um das Kennzeichnungsrecht von Influencern einen eindeutigen Weg vor. Dennoch besteht derzeit keine absolute Rechtsprechung für Kennzeichnungspflichten, da von Fall zu Fall variable Faktoren wie Followerzahlen oder zu den Postings erscheinende Begleittexte eine wichtige Rolle spielen.

Als Richtlinie sollten Influencer:innen jedoch beachten, dass bei einer bezahlten Werbepartnerschaft die Beiträge auch stets als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Zusätzlich gelten Beiträge als kennzeichnungspflichtig, falls Influencer:innen kostenfrei erhaltene Produkte anpreisen sowie verlinken. Auf eine Kennzeichnungspflicht können Betroffene nur dann verzichten, falls Influencer:innen die Artikel selbst bezahlt haben oder der kommerzielle Zweck unmittelbar sichtbar ist. Doch insbesondere bei followerarmen und unbekannten Influencer:innen tritt dieser Fall so gut wie nie ein.